Es ist so voll. Viel zu voll. Zu viel Treiben herrscht hier und ich bin der Meinung es passt nicht hier her. Doch wer bin ich schon? Unscheinbar zwischen der Menge bemerken mich nur diejenigen die aufmerksamer hinsehen. Wachsamer sind und Gefahr spüren, wenn sie vor ihnen steht. Dabei habe ich es gerade nicht daruf abgesehen anderen Leid zuzufügen. Nein. Ich bin hier, um mein eigenes, ganz persönliches Leid durchzuleben. Ich stehe hier auf der Upper Street Londons, die Hände in die Hosentaschen meiner Bluejeans gesteckt, das Hemd über dem T-Shirt offen und sehe mir das Treiben an. Und erlebe mein ganz persönliches Leid. Mache mir eine Meinung dazu, wo ich doch nur den wenigen überhaupt auffalle. Richtig auffalle.
Ich spüre viele Blicke auf mir doch das ist normal. Weil ich eben nicht normal bin. Und das bemerken selbst die Menschen. Meine Augen haben immer einen gold-gelben Schimmer in diesem dunklen Schwarz und ich breite ein Gefühl von Abweisung um mich herum aus. Ein Gefühl was die Menschen abschreckt sowie anzieht. Ich bemerke die Blicke, spüre die Gedanken dorthinter. Die Gefühle und Absichten. Viele von denen sind fleischlicher, sexueller Natur doch darauf habe ich es schon lange nicht mehr abgesehen. Ich mag Körperkontakt nicht sonderlich. Noch weniger gerne mag ich Fragen über mich, ja ich mag nichtmal Aumerksamkeit die mir gilt. Und doch habe ich von dieser einfach viel zu viel.
Doch die Meisten sehen nur, den für ihre Augen attraktieven Mann. Sie sind zu blind um das Böse dahinter zu entdecken. Nur die wenigen die einen Bogen um mich machen, mich mit wachsamen argwöhnischen Augen ansehen. Diese Menschen sehen mehr. Und nur diesen Menschen falle ich richtig auf. Für die anderen bin ich nur ein Schatten ihrer primitievsten Sehnsüchte. So wie ich es schon immer war seid ich meine Seele her gegeben habe.
Ich habe mich daran gewöhnt. Und deswegen widme ich mich nun meinem eigenen, ganz persönlichen Leid. Meinen Erinnerungen an das Vergangene.
Die Tür zu dem kleinen Stammlokal mitten zwischen den großen Fast-Food-Ketten geht mit einem Läuten auf und zieht meinen Blick auf sich. Eine Mutter mit ihrer Tochter kommt heraus, die schimpft mit ihr gerade. Und dann sehe ich mich wieder in der Vergangenheit.
Eine wunderschöne Frau mit langsam, blonden Haar strahlt genau in die Richtung wo ich stehe. Sie flüstert kurz etwas zu dem süßen kleinen Mädchen mit den blonden Löckchen und diese rast dann fröhlich quietschend über die schmale Gasse auf den Mann zu - auf mich zu.
Ich blinzel und hole mich wieder zurük in die Vergangenheit. Ich will mich nicht daran erinnern - an das letzte glückliche Treffen.
Und doch ... warum sonst bin ich hier? Und starre auf das Lokal welches immer noch in Familienbesitz ist - und das seit vielen Jahrzehnten, vielen Generationen. Es hatte Catherines Eltern gehört.
Ich spüre wie meine Füße mich über die belebte Straße tragen und dann betrete ich das muffige Loka. Mein Blick gleitet teilnahmslos über die vielen Bilder an den holzgetäfelten Wänden. Ob ich auf einem dieser Bilder auch drauf bin? Es macht sowieso nichts mehr aus, denn ich habe nun ein anderes Aussehen.
Ein älterer Herr steht vor mir und sieht mich fragend an, was ich erst jetzt bemerke. Allen anschein nach hat er mir eine Frage gestellt. Die restliche Kundschaft hat ebenfalls ihre Aufmerksamkeit mir zugewand. Meine dunklen Augen blicken zu dem Mann. Er hat Ähnlichkeiten mit ihm fällt mir auf. "Ein Tisch für eine Person." Meine Stimme klingt glatt und leer. Der dunkle tiefe Klang nimmt den ganzen Raum in Beschlag. Was nicht gerade dazu führt das mir weniger Aufmerksamkeit zu Teil wird. Der Mann nickt nach einem kurzen Zögern und setzt sich dann in Bewegung. Ich folge ihm schweigend, ignoriere gekonnt alle Blicke, alle Gefühle. Alle Sehnsüchte dieser Menschen in dem kleinen Lokal.