Ich war nach draußen in die kühle Nacht gegangen. Viele Gerüche strömten auf meine empfindlichen Sinne ein. Die gesamte Anspannung fiel von mir ab. Die Kontrolle, die ich im Hotelzimmer so schmerzhaft aufrecht erhalten habe, fiel in sich zusammen. Zerbröckelte und ich weiß nur zu deutlich das meine Augen wie flüssiges Silber schimmern. Und raubtierhafte Gier ist darin zu sehen.
Wenn ich nicht Nahrung bekommen, so benötige ich gerade einen ordentlichen Kampf. Knochen die unter meinen Händen zerbrechen und Fleisch das reißt. Den Geruch von Tod und Blut. Diese primitiven Wünsche will das Raubtier. Will ich.
Also habe ich vorhin wirklich über 'Weiterentwicklung' nachgedacht? Vampire sind in ihrem Innern doch immer noch wie Tiere. Unzivilisiert und Blutgierig.
Ich bin durch die Straßen von Detroit geschlichen, meine Sinne geweitet. Jedes Geräusch und jeden Geruch habe ich aufgenommen. Ein anderer Vampir wäre jetzt nett. Einer der gerade seine Nahrung zu sich nehmen will. Einen, den ich stören kann. Mit dem ich um die Nahrung streiten kann. Nicht des Blutes wegen. Nein, sondern des Kampfes, des Todes des Vampirs.
Ich hatte inne gehalten und ein leichtes Knurren ist mir über meine gekräuselten Lippen gekommen. Meine Fänge messerscharf und lang. Ich habe Blut gewittert. Meine Jacke hat mich genervt und so war sie an Ort und Stelle in irgend einer Seitengasse von Detroit liegen geblieben.
In einer Geschwindigkeit die nur ein rasender Vampir erreichen kann, bin ich dem Blutgeruch entgegen gelaufen. Es tut so unendlich gut die zwanghafte Selbstbeherrschung abzulegen! Sich seinen primitivsten Wünschen hinzugeben.
Ich war um eine Ecke gebogen und da sah ich sie. Eine junge Frau kauerte am Boden hielt sich ihren Hals. Unter ihrer Hand quoll das Blut hervor. Frisches köstliches Blut. Der Herzschlag der Frau ging unregelmäßig. Ich sehe mich mit gleißend silbrigen Augen suchend um. Wo war der Vampir?? Die Frau wimmerte und zog so meine Aufmerksamkeit wieder auf sich. Ich trat mehr aus der Gasse raus auf den Platz am River Walk. Sie hatte sich an das Geländer geklammert, was den Fußweg vom Wasser abgrenzte. Ich trat aus den Schatten der Dunkelheit raus und das Wimmern der Frau wurde stärker. Ich sog ihren Geruch ein. Den, ihres frischen Blutes.
Nur wo war der andere Vampir!?
Am Wasser kam eine Briese auf. Trug den Geruch der Frau und der es dreckigen Wassers, verschmutzt durch die Schifffahrt und der Fabriken am anderen Ufer zu mir herüber. Aber ... auch noch etwas anderes nahm ich nun wahr...
Erst jetzt vernahm ich die leisen Bewegungen in der Nähe, aber erst als ich spürte wie das Fleisch an meinem Bein aufgerissen wurde, war mir klar das dies hier eine Falle gewesen war. Und, das ich angegriffen wurde.
Wieder traf mich etwas schmerzhaft - diesmal in Höhe meiner Schultern. Fuck! Irgendwo hinter mir, auf einem der angrenzenden Häuserdächer schoss jemand auf mich! Ich spürte das ätzende Gefühl von Silber in meinem Kreislauf, unter meiner Haut. es brannte und verätzt mir die Haut von innen heraus. Die Schüsse klangen gedämpft, deshalb hatte ich sie nicht sofort wahrgenommen. Und ich war abgelenkt gewesen.
Hinter mir hörte ich das durchschneiden der Luft. Mit einem leisen Zischen ließ ich mich auf den Boden fallen und die Kugel sauste nur knapp über meinem Kopf an mir vorbei und in den Fluss.
Ich rollte mich herum um aus der Schussweite zu gelangen. Versteckte mich hinter einer der hölzernen Verkaufsstände. Wieder ein Zischen von mehreren Salven. Wie aus einem beschissenen Maschinengewehr! Oh scheiße! Ein Maschinengewehr mit Silberkugeln. Ich hatte nicht vor, schon so bald meinen unnatürlichen Tod zu sterben. Eine Kugel schlug in das Holz des Standes ein. Im Kugelhagel zerstob das dünne Holz viel zu rasch. Die Frau wimmerte weiterhin. Starr vor Angst. Angst die ich deutlich riechen konnte und die mir viel zu köstlich in meiner Nase brannte. Aber nun musste ich mich um meine eigene Haut kümmern! Scheiße ich hatte nicht gewusst, das die Vampirjäger neuerdings auch Menschenopfer billigten. Weiterhin bleibe ich hinter dem schon durchsiebten Verkaufsstand. Ich meine ... was sollte ich machen? Maschinengewehre mit Silber sind eine verdammt effektive Waffe gegen Vampire. Das muss ich diesen Scheißkerlen schon lassen, sie haben sich weiter entwickelt.
Wieder schlug eine Salve gegen den Verkaufsstand. Mehrere Kugeln durchdrangen das Holz mühelos und eine Kugel streifte meine Wange. Riss das Fleisch unbarmherzig auf, als ich versuchte um die Ecke zu spähen um einen Blick auf meine Angreifer zu erhaschen. Das war nicht gut! Das war gar nicht gut! Es waren mehrere von diesen Arschlöchern. Alle mit einem Maschinengewehr ausgerüstet. Verdammt wo haben die das ganze Silber her!? Die 3 Menschen kamen nun, die schweren Maschinengewehre schussbereit langsam auf den Platz und auf mich zu. Und jetzt?
Klar wir konnten alt werden. Wir konnten schwerste physische Verletzungen überleben, aber dennoch bestehen wir aus Fleisch und Knochen. Dinge, die man mit einem guten Kugelhagel unwiderruflich zerstören kann. Wenn man muss als mit Silber vollpumpte oder uns, noch schlimmer, den Kopf abtrennte, dann sterben wir genauso wie jedes andere Lebewesen.
Also ... und ich wiederhole mich ... was nun?? Sterben? Jetzt? Nicht unter diesen Umständen! Nicht versteckt wie ein Feigling. Wenn schon im Kampf.
Ich muss gestehen es ist längere Zeit her, dass ich 'richtig' kämpfen musste. In den zahlreichen Kriegen von den Menschen habe ich aus Freude am Verderben mitgekämpft. Und aus den Vampirkriegen halte ich mich schon lange raus. Aber ich weiß ganz genau wie ich solche wertlosen Arschlöcher zur Strecke bringen kann - nur die Silberkugeln stören etwas meinen 'Plan'.
Ich wartete am Boden bis sie in Reichweite waren. Wich dem nächsten Kugelhagel mit vampirischer Schnelligkeit aus und trennte den ersten Kopf eines der Mistskerle vom Körper. Den nächsten Salven entkam ich nur knapp indem ich wieder in Deckung ging. Es sind noch zwei übrig! Scheiße ...
Mein Bein schmerzt denn das Silber blieb stecken und ich merke, wie es immer schwerer wird auch meine Schulter zu bewegen in der ebenfalls Silbermunition steckte.
Ich sehe meine Angreifer gerade nicht, aber ich höre Schritte die sich entfernten ... entfernten!? Stille ... Ich wartete eine Sekunde, horchte in die Dunkelheit...
Etwas das größer war als eine Kugel flog auf den Verkaufsstand zu. Mit einem schweren metallischen Klirren flog es auf den Stein des Riverwalkes und rollte dort aus. Mein Blick suchte dieses Etwas. Oh Gott!, schoss es mir nur eiskalt durch den Kopf. Sie hatten eine verdammte Handgranate nach mir geworfen!
Ich überlegte eher instinktiv. Schwang mich mit einem Knurren, aufgrund meines verletzten Beines, über die Brüstung und tauchte in den Fluss ein. Nur eine Schrecksekunde, bevor das Ding explodierte und den Stand, sowie die umliegenden losen Gesteinsteile sowie ein teil es dünnen Geländers in einer gigantischen Explosion aus Rauch Flammen und Trümmern in die Luft jagte.
Die Druckwelle die sogar bis ins Wasser drang presste mich immer weiter nach unten dem Grund entgegen. Ich spürte wie sie mir den Kopf nach hinten riss, der Druck meine Knochen und mein Fleisch zusammen 'quetschte'. Über mir regneten die Trümmerteile auf die Wasseroberfläche hinab. Ich sehe nur noch das blendende Orange des Feuers, ehe die Welt vor meinen Augen verschwamm als ich immer tiefer sank ... unfähig mich zu rühren. Bewusstlos und blutend wurde ich vom Fluss flussabwärts gezogen.
Immer noch dring alles eher dumpf zu mir. Ich bin nicht bei Bewusstsein. Nicht wirklich. Ich weiß nicht wie ich es hier her geschafft hatte. Oder ob ich einfach hier her getrieben wurde. Wobei - nein ...
Ich hatte die Docks in meiner verschwommenen Sicht gesehen. Mit mühsam und unter Schmerzen mit meinen, wie es mir vorkam, letzten Kräften auf eine der ins Wasser ragenden Holzrampen gehievt. Scheiße, bitte lass mich diesen Jägern entkommen sein!
Würden sie mich jetzt finden, wäre ich die leichteste Beute auf Erden. Verletzt, blutüberströmt und nicht in der Lage mich auch nur noch etwas zu bewegen liege ich klitschnass uns nach Rauch und dem brackigen Wasser stinkend auf dem Holz. Ein gezielter Schuss und es wäre aus mit mir ...
Nicht viele Situationen habe ich erlebt, wo ich so wehrlos gewesen war. Dem Tod so nahe.
Die nassen Strähnen meines Haares klebten mir am Kopf meine Hose war mehr rot der dreckig schwarz als weiß. Ebenso mein weißes Shirt. Beide Kleidungsstücke wiesen Risse aus wo die Kugeln durchgeschlagen hatten.
Eine hässliche Spur aus Wasser und meinem eigenen Blut hatte ich hinter mir her gezogen doch nun lag ich auch noch in diesem! In meiner eigenen Blutlache. Scheiße, ich würde doch tatsächlich hier sterben! Dreckig und stinkend. Klitschnass. Dass ich alleine sterben würde machte mir nichts aus ... nur die anderen Umstände wollte ich nicht wahr haben. Ich konnte mich aber nicht bewegen. Nicht mal das gekünstelte Atmen tat ich gerade. Obwohl sich Unmengen an Wasser in meinen 'toten' Lungen gesammelt hatte. Mein ganzer Körper ist von Brand und Fleischwunden überzogen die zu den drei Schusswunden hinzu kamen. Meine Hand habe ich -wie ich erst jetzt bemerke- auf meine Brust gepresst. Die Kugel war verdammt nah an meinem Herzen von hinten durch mein Fleisch geschlagen. Und steckte dennoch in mir. Verhinderte dass die Wunde zuwuchs. Besonders weil die Heilung sowieso nicht mehr wirklich gut funktionierte da ich zu viel Blut verloren hatte. Blut, was auch gerade frisch unter meiner Hand hervor quoll. Scheiße! Ebenso wie das Blut unbeirrt aus der Wunde an meinem Bein drang.
Ich sterbe verdammt...