Die Tage im Heim waren ätzend. Sequin war keine sonderlich angenehme Gesellschaft auf dauer, aber wir kamen gut zurecht. Die Schule besuchte ich hier auch regelmäßig. Da ich nun nicht gleich wieder wegziehen musste war es auch leichter mich ein zu finden. Ich hatte einige Wenige Freunde gefunden. Gut im Grunde nur 2 Leute. Mit denen hing ich aber auch nur in der Schule ab. Den Musikunterricht mied ich freiwillig immer. Ich musste zwar hin und falsch singen lag mir nicht, aber ich weigerte mich einfach immer daran teil zu nehmen, was irgendwann lästig wurde, denn der Drang zu singen wurde stärker, je länge ich es unterdrückte.
Das Problem musste Dale auch gehabt haben vor über einen Jahr .. ich dachte ab und an an ihn, aber nciht oft. Er hatte mich bestimmt onehin schon vergessen. Der omisch Typ mit den Buchstaben als Namen war auch nicht wieder aufgetaucht, was schon schade war, er war Witzig.
Mit dem Tot meiner Mum hatte ich noch immer zu kämpfen. manchmal wenn ich die Augen schließ seh ich sie noch immer auf den Boden liegen ... leblos und bleich. Ich mochte nicht daran denken, aber es kam immer wieder. Sequin hatte recht gehabt. Im Heim bekam man kein Mitleid. Von den Jungs dort wurde ich gerne angesehen und einige haben schon erste Versuche gestartet, die ich im Keim erstickt habe. Die Jungs dort hatten nichts im Kopf, dafür aber angeblich umso mehr in der Hose. Das gehört zu den Dingen um die ich mich nicht kümmern will. Ich hab andere Sorgen.
Momentan musste ich Schulstoff nachholen und davon reichlich. Dazu immer die Hausaufgaben und mit dem Musiklehrer hatte ich auch einige Gespräche. Der hatte er die Klappe gehalten, nachdem ich für ihn gesungen hatte. So ... "schräg" ... hatte sich meine Stimme noch nie angehört. Sie klang wie der Himmel selbst in dem Moment und seit dem hatte ich die Erlaubnis mich bei dem Gesangsteilen raus zu halten. Er selber hatte seit dem immer mehr gute Ideen, wie der Unterricht besser werden konnte und Musik wurde nun doch langsam zu meinen gehassten Lieblingsfach.
Aber nun hatte ich Freizeit. Die Hausis waren fertig und das Wochenende stand vor der Tür. Ich wollte frische Luft haben, was in Arizona selbst zu dieser Jehreszeit trockene war. Dafür Schien die Sonne warm und nicht zu kräftig. Den Weg hier im Park gehe ich immer mal wieder lang, wenn ich Zeit habe und Lust. Ich sehe mich wieder um und es sind nicht viele unterwegs. Ich weiche auch wieder vom Weg ab und gehe zu einer Baumgruppe. Dort setz ich mich in den Schatten und zupf Grashalme aus. Nur leise summ ich vor mich hin, was aber reicht um meine Umgebung anders erscheinen zu lassen. Vom Weg aus hört mich niemand und doch merke ich immer wieder die Blicke der Leute, wenn sie mich ansehen wie ich hier sitze und nur für mich alleine singe. Die Blicke sind nicht abwertend, sie sind neugirig und einige lächeln auch immer wieder. Dann lächel ich zurück, aber es ist ... seltsam.
Meine Stimme ist ein Geschenk wurde mir von meiner Mum einmal gesagt. Ein Geschenk dass ich nur mit bedacht einsetzen soll. Ich setzte sie zum reden ein und immer seltener zum Singen. Wieder dachte ich an sie ... an ihr lachen, wenn sie denn einmal einen unbeschwerten Moment hatte. Daran wie sie mir ganz früher Geschichten erzält hat zum einschlafen.
Mir liefen die Tränen und das Summen wurde trauriger. Meinen Kummer über ihren Verlust ließ ich zu selten freiel lauf. Ich zupfte einen Grashalm aus und sah ihn an. Und dann begann ich doch zu singen, nur um meiner Trauer Ausdruck zu verleihen.
http://www.youtube.com/watch?v=iT88jBAoVIM
Alles um mich herrum wurde immer stiller. Ich selber hörte nur noch meine Stimme und mit geschlossenen Augen sah ich die Bilder meiner Mutter. Ihr lachen, ihr weinen, wie sie mich in den Arm nahm. Oft versuchte ich mir Vorzustellen es wäre das Leben eines anderen und sei nur ein zuschauer, doch jetzt ... während die Worte und die Melodien meinen Mund verließen war es mein Leben ganz alleine. Jeder Ton stimmte so perfect und so traurig, dass alle um mich herrum es fühlen konnten. Einige Passanten bleiben stehen und lauschen den Klang meiner Stimme, sie bekamen eine Gänsehaut und einigen liefen sogar die Tränen, so deutlich schwang meine Trauer mit. Und ich merkte es nicht, ich hielt meine Augen geschlossen, reckte meinen Kopf zum Himmel. Ich sang in deisem Moment nur für sie alleine ... Für meine Mum, die hoffentlich den Weg ins Paradies gefunden hatte.